Historisch wurden die Plektra zum Anreißen der Saiten aus den unterschiedlichsten Materialien gefertigt:
• Vogelfedern,
• Leder,
• Fischgräten,
• Stachelschwein- und Igelborsten, • Messing.
Am verbreitetsten waren die Materialien, die einerseits leicht zu bekommen, andererseits elastisch und stabil waren. Im Norden waren Möwen-, Raben- und Krähenfedern sehr beliebt, weil Flugvögel starke Schwingenfedern entwickeln – im Gegensatz zu Laufvögeln wie Huhn und Truthahn, oder Schwimmvögel wie Ente und Gans. In Südeuropa und der Alpenregion verwendete man vorzugsweise Raubvogelfedern wie Bussard, Milan, Adler und Geier.
Zum Intonieren wird die Feder seitlich entflaumt. Die freie Federrippe mit dem Intoniermesser auf einer glatten Unterlage in Richtung des dünnen Endes von unten flach schneiden. Den so geschnittenen Kiel seitlich anspitzen, so daß er in den Plektrumschlitz paßt. Den Kiel von hinten in die Zungen schieben und von der Feder abtrennen. Den Kiel auf die richtige Länge bringen und die gewünschte Lautstärke intonieren, indem man den Kiel von unten dünner schneidet. Der Schnitt muß immer in die Wachstumsrichtung gehen und das Federrippenmark muß in dem Bereich, in dem angerissen wird, ganz entfernt sein. Die Lautstärke richtet sich nach der Härte der Feder. Die Lebensdauer richtet sich nach der Elastizität der Feder.
Rindsleder war leicht zu bekommen, war aber recht weich und wurde deshalb hauptsächlich für den „peau de bouffle“ – ein zartes die Fingerkuppen des Lautinisten imitierendes Register – genommen.
Lederplektra haben eine glatte Seite, die beim Einsetzen oben sein soll. Nachdem es eingesetzt und auf Länge abgeschnitten ist, muss die Unterseite so dünn geschnitten werden, bis ein angenehmer Ton erzielt ist. Instrumente aus der Zeit zwischen 1900 und 1980, die mit Leder bekielt sind, haben Kiele, die mit Leinöl behandelt sind um das Leder härter zu machen und doch elastisch zu halten. Die Trocknungszeit hängt von den Sikativzusätzen ab und ist ein etwas langwieriger Prozess. Unsere vorgeschnittenen Lederplektra in drei verschiedenen Breiten, sind selbst in die Zunge einzupassen
(» Nr. 13-3358, 13-1137, 13-3359).
Als natürliche Produkte brauchen Vogelfedern und Leder eine Pflege, die die Tiere zu Lebzeiten selbst bewerkstelligt haben: man muss sie fetten, damit sie nicht spröde und brüchig werden. Die Öle, die für die Pflege verwendet werden, dürfen weder harzen noch durch ihre Säuren die Saiten angreifen. Deshalb sind Sonnenblumen-, Oliven-, Raps- oder Nussöl nicht geeignet. Unser Kielöl (» Nr. 54-2816) entspricht diesen Anforderungen: es zieht in den Kiel ein und hält ihn elastisch.
Die Versuche mit Fischgräten oder Stachelschweinborsten setzten sich nicht durch, weil die Bearbeitung, die Stabilität und die Verfügbarkeit Grenzen setzten.
Messingplectren sind sehr stabil, haben aber den Nachteil, daß sie nicht elastisch sind und nur mit einer Feile intoniert werden können. Weil die Saite dem unelastischen Messing beim Anreißen ausweichen muß, bekommt sie, neben der transversalen und longitudinalen Schwingung, noch eine Drehbewegung (Torsionsschwingung). Dies führt zur Betonung unharmonischer Partialen, was den Eindruck eines “Zungenregisters” vermittelt.
Messingplektra können nur als Nasard verwendet werden, wo die Amplitude der angerissenen Saite nicht groß ist. In unserem Lieferprogramm haben wir ein Messingplectrum nach historischem Vorbild eines süddeutschen Instruments des frühen Barock (» Nr. 13-4564).
In der Gegenwart hat man als Alternative zu Vogelfedern einen Kunststoff gefunden, der sehr brauchbar ist: “Delrin” ist der Handelsname der Firma Dupont für ein von ihr hergestelltes POM (Polyacetal-Copolymer). Dupont liefert unzählige Delrin-Sorten, die für die verschiedenen Anwendungen und Produktionsverfahren optimiert sind. “Delrin” ist ein weißes langkettiges, großmolekulares Polymer mit sehr hoher Festigkeit sowie guter Elastizität. Es lässt sich mit einem scharfen Skalpell sehr gut schneiden und bleibt bei richtiger Bearbeitung über Jahre brauchbar und stabil.
“Delrin” hat aber auch sein Eigenleben, das beachtet werden muß. Wie jeder Kunststoff ist “Delrin” nicht UV-stabil und wird über die Jahre spröde, je nachdem, wie es dem Sonnenlicht ausgesetzt ist. “Delrin” ist auch ein thermophiles Material. Es beginnt unter 15° C langsam zu verhärten, bis es ab -8° C brüchig wird. Umgekehrt beginnt “Delrin” ab 30° C weicher zu werden. Das liegt an der weiten Vernetzung der Polymermoleküle, zwischen die sich H2O einlagern kann und so das thermische Verhalten mitbestimmt. Durch seine langen Molekülketten bekommt “Delrin” bei seiner Herstellung eine “Fließrichtung”. Wenn Kiele quer zur Fließrichtung gestanzt oder geschnitten werden, ist die Brüchigkeit des Kiels schon vorprogrammiert. Deshalb wird auf den von uns gelieferten “Delrin”-Platten und Streifen die Fließrichtung markiert. Platten, Streifen und gestanzte Kiele liefern wir in den Dicken 0.4 und 0.5 mm.
Vorintonierte “Delrin”-Kiele sind in einer trapezförmigen Form gespritzt, um die Intonationsarbeit zu erleichtern. Wir konnten unsere Spritzform dahingehend optimieren, dass unsere Plectren eine den aus extrudierten Platten gestanzten Plectren ebenbürtige Standzeit erreichen.
Unsere Plektra werden in vier verschiedenen Stärken gespritzt (» Nr. 13-2001 ... 13-2004). Unsere vorintonierten Plectren sind auf der Unterseite mit Punkten markiert und müssen nach dem Einsetzen in die Zunge nur noch auf die richtige Länge abgeschnitten und durch flaches Beschneiden auf der Unterseite den Nachbarkielen angeglichen werden.
Schwarze Plektra, die mit Carbon (Kohlefasern) angereichert sind, wurden aufgrund der Überlegung gemacht, daß die Kiele der Vogelfedern ein “Skelett” aus harten “Kalziumrippen” haben, die von Horn (Keratin) eingefasst sind und so ihre unvergleichliche Stabilität und Elastizität erhalten. Das Problem des Kunststoffs ist, daß er nicht “gewachsen” und entsprechend vernetzt ist, wie bei einer Vogelfeder. Das heißt: solange das Carbon-Kunststoff-Plektrum nicht angeschnitten, also die Molekülketten nicht verletzt werden, hat es tatsächlich ähnliche Eigenschaften wie Vogelfedern. Sobald durch intonieren diese Ketten angeschnitten werden, verlieren sie rapide an Stabilität, so daß die Kiele sehr häufig ersetzt werden müssen.
Wichtig:
Bei allen Kielarten ist es von größter Bedeutung, daß die Kiele immer an der Unterseite in Längsrichtung geschnitten, niemals gefeilt, geschabt oder gekratzt werden dürfen. Feilen, Schaben und Kratzen mit einem Skalpell verursacht kleine Kerben, die wie Sollbruchstellen wirken. Diese verkürzen die Lebensdauer des Kiels erheblich und verschlechtern die Repetition.
Es hat keinen Sinn, für eine kräftige Intonation eine schwache Feder zu nehmen und dafür das Federrippenmark stehen zu lassen. Es hat aber auch keinen Sinn, für eine zarte Intonation eine starke Feder zu wählen und diese dann so dünn zu schneiden, daß nur noch die oberste Schicht bleibt - der Kiel wird bald ausfransen.
Ist der Kiel im Anreißbereich breit, so erzeugt er einen harmonischen dunklen Klang. Schneidet man den Kiel spitz, wird der Klang heller und schärfer.
Um sauber schneiden zu können, ist gutes Werkzeug unerläßlich: ein Intoniermesser mit auswechselbaren Klingen (wechseln Sie die Klinge nach ca. 10 - 20 Kielen aus) und ein Intonierklotz mit ebener schwarzer Oberfläche (» Nr. 62-...).